Samstag, 3. November 2012

Frl. Krise - Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Klappentext:

"Och, Frl. Krise, wir haben uns schon voll an Ihnen gewöhnt!"

"Gerade ist eine meiner Kolleginnen mit Burnout-Syndrom frühpensioniert worden - früher kannten wir den Begriff noch nicht, ihre Krankheit hieß schlicht Siekannsichnichtdurchsetzen."

Seit fast vierzig Jahren unterrichtet Frl. Krise inzwischen. Täglich erlebt sie dabei komische, aber auch anrührende Situationen mit ihren Schülern, die sie hier mit Herz und Seele beschreibt. Darüber hinaus wirft sie einen amüsanten Blick in die Vergangenheit: Wann schlich sich das erste Kopftuch ins Klassenzimmer, wann störte das Tamagotchi plötzlich den Unterricht, und ab wann waren die Lehrer auf einmal pünktlicher als die Schüler?

Unglaubliche Schulgeschichte - scharf beobachtet und pointiert erzählt.


Kritik:

Nun, ich muss gestehen, dass es mir recht schwer fällt, "Ghetto-Oma" angemessen zu rezensieren, denn mein eigentliches Prinzip lässt sich auf dieses Werk nicht anwenden. Es gibt keinen Spannungsbogen, keinen Charakter-Aufbau. Nur (scheinbar) ehrliche Geschichten aus dem wahren Leben einer Lehrerin, die mittlerweile an einer der sogenannten Brennpunktschulen tätig ist.


Die von Frl. Krise zusammengetragenen Geschichten erstrecken sich über 2 Schuljahre, angefangen bei der 8. Klasse. Es ist in mehrere große Bereiche (8. Schuljahr, Sommerferien, Nach den Ferien etc.) aufgeteilt, welche grundsätzlich mehrere Episoden aus dem Leben auf dem Schulhof beinhalten. Diese sind immer nur einige Seiten lang, was den angenehmen Effekt hat, dass man das Buch auch einmal "nebenbei" in die Hand nehmen, einige Seiten lesen und es dann wieder zur Seite legen kann. Es geht keine Spannung flöten, man muss sich keine Gedanken darüber machen, ob man wieder in die Handlung hinein findet. Sehr gute Sache, denn ich muss sagen, dass "Ghetto-Oma" kein Buch ist, welches ich am Stück lesen könnte - obwohl es, soviel sei schon an dieser Stelle gesagt, ein absolut lesenswerter Titel ist. 

Im Vordergrund der Geschichten steht natürlich der Humor. Frl. Krise schreibt auf eine sehr lockere und angenehme Art, die es dem Leser erlaubt, sich durchaus ein Bild davon zu verschaffen, wie wohl der eigene Klassenlehrer damals über einen gedacht hat. Ich bin mir relativ sicher, dass jeder Leser sich in der einen oder anderen Geschichte wiederfinden wird - und sei es nur im Ansatz. Ich jedenfalls habe an vielen Stellen gedacht "Das hättest jetzt auch du sein können." Durch diesen Effekt ist natürlich die Freude am weiterlesen immer gegeben, will man doch wissen, ob "man selbst" noch einmal irgendwo im Buch auftaucht. Immer auf eine witzige, aber absolut treffende Art und Weise kommentiert von einer Lehrerin aus Passion. 

Das Leben als Lehrer und die dauerhafte Zusammenarbeit mit den Schülern bringt es nach Frl. Krises Beschreibungen natürlich auch mit sich, dass man ein sehr enges Band zu eben jenen knüpft - und auch das bleibt nicht unerwähnt. Oftmals liest man heraus, wie sehr die Autorin in schwierigen Situationen mit ihren Schülern fühlt, an diesen Stellen tritt natürlich der Humor in den Hintergrund. Nicht schlecht, denn anderenfalls hätte man wohl auch ein falsches Bild der Pauker vermittelt. Nämlich das eines Menschen, der sich nur über die Sorgen und Nöte des Schutzbefohlenen lustig macht. Besonders empfehlenswert ist in dieser Hinsicht übrigens die letzte Episode, welche Vergangenheit und Gegenwart, Humor und Sentimentalitäten ausgezeichnet mit einander verknüpft. Und nein, es ist keine Schande in diesem Fall das Ende zuerst zu lesen, der Rest des Buches bleibt dennoch uneingeschränkt lesenswert.

Fazit:

"Ghetto-Oma" ist ein Buch für jedermann. Humor- wie auch gefühlvoll, an vielen Stellen mit einem wohlangebrachten Augenzwinkern und einem gehörigen Maß an Selbsterkennungswerten. Wunderbar, um zwischendurch ein paar Seiten zu lesen.

Bewertung: 8/10 Punkten

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